Die Kolping Glocke
Osnabrücker Tageblatt vom 13. Dezember 1964
Kolpingsfamile Rulle stiftete Glocke
Zu Weihnachetn volles Geläut der Kirche in RullePfarrer Willken deutete die Aufgabe der Glocken dahin, dass sie die Gläubigen zu Gott einladen möchten. Der Hauptton der Glocke sei mit der Stimme Gottes zu vergleichen. Die Nebentöne seien gleichsam die Stimmen der Engel, der Heiligen und der Erlösten, die sich zum Lobe des dreieinigen Gottes vereinigen sollen. Die neue Glocke, geziert mit dem Kolpingwappen und der Losung: Treu Kolping – Kolping treu, möchte alle, namentlich aber die Angehörigen der Kolpingsfamilie, an das Programm Adolph Kolpings erinnern und dadurch zum Himmel führen.Während der Weihe wurden die inhaltsreichen Psalmen von Kaplan Brütting deutsch vorgebetet. Die Feier schloß mit dem Lied: „Großer Gott wir loben Dich“.Anschließend versammelten sich die Kolpinger mit ihren Damen und der Geistlichkeit im Vereinslokal Nieporte. Auf allen Gesichtern spiegelte sich die Freude über das gelungene Werk wieder. Pfarrer Wilken und Präses Kaplan Brütting gaben ihrem Dank an die Kolpingsfamilie Rulle Ausdruck.
Besonders wurden die Verdienste des Altseniors Josef Albers als Initiator des Werkes hervorgehoben. Auf seine Anregung hatte die Kolpingsfamilie Rulle, die im Mai 1965 ihr 40jähriges Bestehen feiert, in einer außerordentlichen Generalversammlung am 1. Dezember 1963 beschlossen, aus Anlaß ihres Jubiläums der Kirchengemeinde St. Johannes Rulle die noch fehlende 4. Glocke, als größte Glocke in dem Salve-Regina-Geläut, zu schenken. Die Kosten betrugen 17.000 DM. Dieser Betrag musste von den rund 150 Ruller Kolpingsöhnen aufgebracht werden.Am 2. Dezember d. J. konnte eine Abordnung der Ruller Kolpingsfamilie dem Glockenguß in Gescher beiwohnen. Die Glocke hat einen Durchmesser und eine Höhe von 1,50 Metern sowie ein Gewicht von 2000 Kilo. Nun wird zum ersten Mal ein volles Geläut in Rulle das Weihnachtsfest einläuten.
Die Rückkehr der St. Anna-Glocke
Auf dem Dachreiter unserer alten Klosterkirche befanden sich ursprünglich zwei kleine Glocken. Dieses waren die St.-Agatha-Glocke aus dem Jahre 1656 und die St.-Anna-Glocke aus dem Jahre 1780. Die St.-Agatha-Glocke wurde im Jahre 1892 wegen entstandener Risse eingeschmolzen, die St.-Anna-Glocke hingegen ruft auch heute noch zu besonderen Anlässen zum Gebet auf.
Am 20.08.1917 wurde die katholische Kirchengemeinde aufgefordert, ihre Glocken abzugeben und der Rüstungsindustrie zur Verfügung zu stellen. Obwohl sich auch die katholische Kirchengemeinde St. Johannes Rulle gegen diese Anordnung nicht zur Wehr setzen konnte, gelang es Pfarrer Gertken und Kaplan Dreyer die St.-Anna-Glocke vor dem Schmelzofen zu retten, indem sie einfach nicht mit den anderen Glocken abgegeben wurde, sondern im Dachreiter verblieb.
Nur wenige Jahre schien die Zukunft der St.-Anna-Glocke gesichert gewesen zu sein, denn der 2. Weltkrieg brach aus. Die NS-Regierung erließ bedeutend schärfere Gesetze zur „Sicherung der Metallreserven für die Kriegsführung auf lange Sicht“. Die Kirchengemeinden wurden nun aufgefordert, nicht nur neuere, sondern sogar ihre mittelalterlichen Glocken an die Hüttenwerke abzuliefern. Aber auch hier gelang es Pfarrer Gertken und Kaplan Raudisch, die St.-Anna-Glocke vor ihrer Vernichtung zu retten.
Im Jahre 1949 erhielt die Wallfahrtskirche St. Johannes zwei neue Glocken. Die kleine St.-Anna-Glocke holte man jedoch vom Dachreiter herunter. Ihr Klang passte nicht zum Klang der neuen Glocken. Nachdem die kleine Anna-Glocke nun einige Jahre ungenutzt auf dem Dachboden unserer Kirche verbringen musste, wurde sie Ende der 50er Jahre an die Kirchengemeinde Wallenhorst abgegeben. Sie sollte dort einen neuen Platz in der alten Wallenhorster Kirche finden.
Anfang der 80er Jahre kümmerte sich die Kolpingsfamilie Rulle intensiv um die Heimkehr der St.-Anna-Glocke. Die Rückkehr stieß allerdings auf Schwierigkeiten, da nun auch die Kirchengemeinde Wallenhorst Anspruch auf die Glocke erhob. Nach zähen Verhandlungen wurde man sich jedoch einig, und die St.-Anna-Glocke konnte nach Rulle zurückgeführt werden.
Da der Dachreiter der alten Klosterkirche nicht mehr zur Aufnahme der Anna-Glocke geeignet erschien, hängten die Ruller Kolpinger die Glocke in den alten Kirchturm. Über eine ebenfalls von der Kolpingsfamilie Rulle angebrachte Aufhängevorrichtung kann die St.-Anna-Glocke heute von Hand betätigt werden. Das Zugseil hierzu befindet sich links neben dem Eingang zum Kapitelsaal. Bei vielen Gelegenheiten, besonders bei Hochzeiten, haben bereits viele Kirchgänger die alte St.-Anna-Glocke betätigt, so, wie es bereits die Ruller Bürger vor 220 Jahren gemacht haben.
Wir, die Kolpingsfamilie Rulle, freuen uns auch heute noch darüber, dass es uns gelungen ist, ein solches Stück Geschichte nach Rulle zurückgeholt zu haben.